COVID-19 und die Lage in Kanada bzw. Alberta

Wie ich bereits in meinem letzten Artikel kurz angedeutet hatte, überflu­tet uns unser südlicher Nachbar, die USA, täglich mit Horror-Nachrichten in Bezug auf Neuinfektionszahlen mit dem Corona-Virus und entspre­chenden Todesfällen. Die Statistiken mit den aktuellen COVID-19 Toten in den USA jagen mir re-gelmäßig kalte Schauer über den Rücken: Mitte Juni waren es 116,700 und damit bereits mehr Tote als im 1. Weltkrieg. Aktu-ell (am 16. August 2020) sind es knapp 170,000 Menschen, die an COVID-19 in den USA gestorben sind. Damit liegt COVID-19 bei den Amerikanern an dritter Stelle der Todes-ursachen gleich hinter Herzer­krankungen und Krebs.

 

Zum Vergleich: in Deutschland gab es bis 13. August 2020 ins-gesamt 9,211 Todesfälle bei 220,000 Erkrankungen. Und wie sieht es bei uns in Kanada aus? Unsere Zahlen sind ähnlich wie die in Deutschland: bis zum 13. August verstarben 9,015 Men-schen an COVID-19 bei etwas über 122,000 Erkrankungen. Also fast genau so viele tödlich verlaufende Fälle wie in Deutschland, allerdings bei nur halb so vielen Erkrankten. Im Um­kehrschluss bedeutet das, dass die Sterberate in Kanada fast doppelt so hoch ist wie in Deutschland. Beängstigend? Ein wenig. Viel sinnvoller als Angst zu haben, ist es aber, sich zu fragen, ob man selbst etwas dagegen tun kann und ob diese Todeszahlen nicht vielleicht damit zusammenhängen könnten, dass sich so viele Kana­dier immer noch weigern, eine Maske zu tragen?

 

Bis vor 2 Wochen gab es bei uns in Edmonton keine Masken-pflicht, es gab lediglich eine „Empfehlung“. Seit dem 01. Au-gust sind Masken nun endlich vorgeschrieben. Meine Erleich-terung sollte aber nur ein paar Tage anhalten, denn dann kam ein „Geniestreich“: es dauerte nicht ein­mal eine Woche, bis die City of Edmonton in einer Nacht-und-Nebel-Aktion sogenannte (face) mask exemption cards für die Bevölkerung be­reitstellte. Der Besitzer einer solchen Karte wurde damit ganz legitim vom Tragen einer Maske befreit. Gedacht war das Ganze für Men-schen, die aufgrund psychischer oder körperlicher Erkrankun-gen keine Maske tragen können. An sich eine gute Idee. Aller-dings nicht, wenn diese Kar­ten ohne Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung an jeden vergeben wer­den, der sie gerne haben möchte. „Das macht doch keine verantwor­tungsbewusste Re-gierung, kann ja gar nicht sein“, war meine spontane Reaktion darauf. Doch, genau so war das hier in Edmonton. Go get your card, no questions asked (hol‘ Dir Deine Karte, wir stellen Dir keine Fra­gen dazu) war das Motto. Innerhalb von 5 Tagen wa-ren so über 6,000 Karten verteilt worden. Zum Glück gab es noch andere, die sich darüber genauso aufregten wie ich, aber im Gegensatz zu mir eben nicht sprach­los blieben. Die Stimmen der Empörung wurden letztlich so laut, dass das Programm fast genau so schnell wie es auftauchte auch wieder abge­schafft wurde. Der Bürgermeister erklärt aber weiterhin stur, dass die be­reits ausgeteilten Karten ihre Gültigkeit behalten. Ist das nun Fluch oder Segen, mit so viel Ignoranz ausgestattet zu sein?

 

Es sieht für meinen Geschmack schon viel zu lange so aus, als hätten wir in Alberta uns die USA zum großen Vorbild ge-macht. Mit angehaltenem Atem beobachtete ich, wie weiterhin planlos herumgefuhrwerkt und poli­tisiert wird. Wie wenig ist ein Menschenleben heutzutage noch wert. Wissenschaftliche Ergebnisse und Aussagen, die naturgemäß auf Fakten basieren, werden einfach weg ignoriert oder fallen Verschwörungs-theorien zum Opfer. Wissenschaftler haben leider nicht die Platt­formen und die Zeit, ihre Erkenntnisse über social media alle 5 Minuten aus­führlich darzubieten. Verschwörungstheore-tiker hingegen verbreiten ihre geistige Diarrhoe leider wie am Fließband.

 

Ein kleiner Trost für mich ist, dass wir uns in Kanada wenig-stens von ei­ner Verlängerung der Grenzschließung mit den USA zur nächsten han­geln. Und dann kann ich erst mal wieder für die nächsten vier Wochen etwas durchatmen.

 

Wie sehr sehne ich mich in diesen Momenten nach unserer deutschen Disziplin und Ordnungsliebe. Ich weiß, in Deutsch-land wird viel gemotzt und geschimpft, aber letztlich hören doch die meisten auf das, was von höchster Stelle angeordnet wird. Ein gewisses Grundvertrauen besteht nach wie vor. Wie froh wäre ich, unsere Regierung hier wäre so konsequent und intelligent wie die deutsche und würde den Empfehlun­gen der Wissenschaftler und Mediziner folgen. Nachdem die Kanadier aber häufig und gerne auf Deutschland als Vorzeige-Land blicken, habe ich doch noch Hoffnung, dass wir uns hier irgend-wann Deutschland als Vorbild nehmen anstatt die USA mit ihrem minderbemittelten, in der Tat über Leichen gehenden Führer. Das ist Grundvoraussetzung, damit die Pandemie hof-fentlich bald keine mehr ist. In diesem Sinne:

 

bitte bleiben Sie gesund!